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               VertreterInnenversammlung 
                 
                zur Wahl der BewerberInnen für die Landesliste der PDS Sachsen-Anhalt 
                für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag 
                am 10. Juli 2005 in Wittenberg 
                 
               
              Rede als RTF 
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              Senatorin 
                Heidi Knake-Werner - Eröffnung 
                 
                Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, 
                meine sehr geehrten Da-men und Herren, 
                ich freue mich sehr, dass ich heute hier bei euch in Sachsen-Anhalt 
                sein kann, das hat ja doch ein bisschen was Vertrautes für 
                mich, das könnt ihr euch sicherlich vorstellen. 
                Die acht Jahre, die ich Sachsen-Anhalt im Bundestag vertreten 
                durfte, haben mir nicht nur diesen Landstrich mit seinen landschaftlichen 
                und städtebaulichen Highlights näher gebracht, sie haben 
                mir auch geholfen, ostdeutsches Leben und Wendeprobleme besser 
                zu verstehen. Und es hat hier für mich viele gegeben, mit 
                denen es immer gut ist, wenn man sie heute trifft. So geht es 
                mir natürlich auch heute hier auf eurer VertreterInnenversammlung. 
                Die Eröffnung dieser VertreterInnenversammlung zur Aufstellung 
                der Landesliste zum 16. Deutschen Bundestag ist für mich 
                in zweierlei Hinsicht ein ganz besonderes Ereignis.  
                Erstens stehen wir als PDS vor großen politischen Herausforderungen 
                mit einer ganz histori-schen Chance, ich glaube, es wird ein spannender 
                Prozess werden. Und zweitens habe ich mich ja hier schon zwei 
                Mal um einen Listenplatz beworben und da kann ich natürlich 
                heute ganz entspannt sein. Aber, liebe Genossinnen und Genossen, 
                dass ihr mich damals als Wessi-Frau akzeptiert habt, war ja schon 
                ein gewisser Vorläufer dessen, was wir jetzt vor uns haben. 
                Ihr könnt, denke ich, durchaus diese Wegbereiterfunktion 
                hervor heben. 
                Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen, liebe Freunde, 
                schon bevor wir als "Die Linkspartei" offiziell auftreten 
                und Mitglieder der WASG oder andere Unabhängige auf unse-ren 
                offenen Listen kandidieren werden, kann dieses Projekt auf eine 
                ganze Reihe von Erfol-gen schauen. Unsere Umfrageergebnisse liegen 
                erstmals im zweistelligen Bereich und es be-stehen keine schlechten 
                Chancen, als drittstärkste Fraktion in den Bundestag einzuziehen. 
                Aber viel wichtiger ist wohl, dass sich hinter diesen prognostizierten 
                Prozentzahlen nicht nur anonyme Wählerinnen und Wähler 
                verbergen, sondern klar erkennbare Personengruppen und auch Persönlichkeiten. 
                Es ist, als hätte die Ankündigung des Projektes insbesondere 
                im Wes-ten ausgereicht, um Zehntausende frustrierte oder resignierte 
                Linke zurück in die Politik zu holen. Unter linken Gewerkschafterinnen 
                und Gewerkschaftern und linken SozialdemokratIn-nen gibt es plötzlich 
                einen Hauch von Italien - es riecht nach Rifondazione im Land. 
                Es gibt wieder Hoffnung auf der Linken. Und das ist es, was sowohl 
                die Wahlumfragen beeinflusst als auch die Mitgliederzahlen steigen 
                lässt. 
                Ich denke, wir alle miteinander haben eine große Verantwortung, 
                um diese Hoffnung nicht zu enttäuschen, weder bei den Bundestagswahlen 
                noch durch die künftige Fraktion und auch nicht im Hinblick 
                auf den ja wirklich erst beginnenden Prozess zur Gründung 
                einer dann wirklich neuen und nicht nur durch Namensänderung 
                entstandenen Linkspartei. 
                Die PDS war nie ein Wahlverein. Und wir müssen sehr darauf 
                achten, dass aus den bisher hauptsächlich für die Bundestagswahl 
                getroffenen Verabredungen auch eine wirkliche Partei entsteht. 
                Eine Partei, die im Westen das erreicht, was die PDS im Osten 
                schon lange hat. 
                Seit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sind bisher erst 
                sieben Wochen vergangen, man glaubt es ja kaum, und doch hat sich 
                ungeheuer viel bewegt, mehr als sonst in Jahren. Und bewegt hat 
                sich vor allem auch die SPD. Und da hat Lafontaine nun mal Recht. 
                Eine aussichtsreiche Linkspartei, die am Horizont erscheint, bringt 
                die politischen Verhältnisse bereits ganz schön durcheinander. 
                Wer hätte denn vor sieben Wochen schon gedacht, dass sich 
                diese Partei für eine Reichensteuer - die SPD meine ich jetzt 
                - stark macht, dass sie ei-nen gesetzlichen Mindestlohn einführen 
                will und sich fast mit parlamentarischen Vorschlägen überschlägt, 
                um bei Hartz IV nachzubessern. Was haben sie uns noch vor Wochen 
                genau für diese Vorschläge geprügelt? Und was haben 
                sie mich im Land Berlin beschimpft, weil ich angeblich die Umsetzung 
                von Hartz IV blockiere. Und wenn auch heute kaum jemand glaubt, 
                dass Schröder plötzlich nach links driftet, die SPD, 
                liebe Genossinnen und Genossen, wird es tun.  
                Sie wird es tun, weil unzählige ihrer Mitglieder diese wahltaktisch 
                vorgenommene Linksan-passung erfreut aufgreifen, um sich ihrer 
                eigenen Ideale zu erinnern. Sie wird es tun, weil es die Basis 
                tun will und sie wird es tun müssen, wenn sie nicht nur ihre 
                Wählerinnen und Wäh-ler verlieren will, sondern auch 
                noch ihre aktiven Mitglieder. 
                Und die Grünen: Also man glaubt es ja kaum, wenn man den 
                gestrigen Parteitag verfolgt hat - jetzt kann man wirkliche Wendehälse 
                studieren.  
                Selbstverständlich ärgere ich mich darüber, wer 
                jetzt nicht alles wieder links sein will. Natür-lich bin 
                ich skeptisch gegenüber Menschen, die aus opportunistischen 
                Gründen nach links rücken. Aber ist das nicht normal? 
                Wie war das denn nach den ersten schweren Jahren der PDS, als 
                wir von Wahlerfolg zu Wahlerfolg eilten und uns plötzlich 
                Menschen grüßten, ja mit uns zusammenarbeiten wollten, 
                die mit uns vorher nicht einmal auf der gleichen Straßenseite 
                gehen wollten? Vom Erfolg, liebe Genossinnen und Genossen, geht 
                eben eine außerordentlich hohe Anziehungskraft aus, ihm 
                erliegen die meisten, auf Dauer alle. Also sollten wir diesen 
                Erfolg des neuen Bündnisses auch wollen. Und wir sollten 
                in zu nutzen verstehen. Und das bei aller Skepsis und bei allen 
                Risiken, die wir dabei eingehen. Alles Neue, liebe Genossinnen 
                und Genossen, eröffnet nicht nur Chancen, sondern birgt auch 
                Risiken. 
                Die Politik der PDS in Sachsen-Anhalt ist dafür, denke ich, 
                ein sehr gutes Beispiel. Denn oh-ne das Magdeburger Tolerierungsmodell 
                wären wir nie zu Regierungsbeteiligung in Meck-lenburg-Vorpommern 
                und Berlin gekommen. Ohne diesen mutigen Schritt hätte es 
                keine Weiterentwicklung unserer Politik gegeben. Und ihr seid 
                hier Wegbereiter gewesen und ich finde, da dürft ihr getrost 
                stolz drauf sein. 
                Aber ich muss euch natürlich nicht sagen, dass solche Schritte 
                auch nicht ohne Risiken sind und so ist es eben auch bei der Regierungsbeteiligung. 
                Man weiß nie, ob es besser wird, wenn man sich ändert, 
                aber man muss sich ändern, damit es besser werden kann. 
                Den Schritt, den wir jetzt vor uns haben und der uns in zwei Jahren 
                zur Gründung einer neuen Linkspartei führen soll, leitet 
                den wahrscheinlich größten Wandel seit der Gründung 
                der PDS ein. Wir haben lange darum ringen müssen, dass die 
                PDS als politischer Faktor anerkannt, die Ausgrenzung überwinden 
                und ihre politische Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen 
                konnte. Und unsere Generation, die dies erreicht hat, ich glaube, 
                es waren im übrigen mehrere Gene-rationen, der fällt 
                es natürlich schwer, sich mit dem Gedanken an eine neue Partei 
                anzufreun-den. Das macht sich dann nicht nur in den Vorbehalten 
                gegenüber unserer Namensänderung fest, sondern auch 
                an Vorbehalten gegenüber den Menschen, mit denen wir dieses 
                Projekt einer neuen und größeren Partei angehen wollen. 
                Und natürlich sind rechtspopulistische Aus-fälle von 
                Lafontaine nicht zu akzeptieren. Aber das ist es ja gerade nicht, 
                was ihn so wichtig macht für dieses Projekt. Oder? Ich kann 
                euch versichern, dass es mir als Berliner PDS-Senatorin wahrhaftig 
                nicht leicht fällt, mit Leuten in einem Bündnis zusammenzugehen, 
                die noch vor kurzem gegen uns ein Volksbegehren zur Abwahl des 
                Berliner Senats angezettelt hatten. Nun, sie sind damit gescheitert, 
                aber das macht die Sache natürlich nicht leichter. Und auch 
                mich berührt bisweilen das Gefühl, dass hier der Schwanz 
                mit dem Hund wedelt. Den-noch: Ich denke, dass es auf der Linken 
                niemals Zusammenschlüsse und Vereinigungen gege-ben hat und 
                geben wird, ohne dass sich Menschen zusammenschließen, die 
                einmal Gegner oder mindestens Konkurrentinnen und Konkurrentinnen 
                waren. Außerdem, und das ist das Wichtigste, es geht gar 
                nicht in erster Linie um das Zusammengehen der PDS mit der um 
                so viel kleineren WASG. Es geht um ein gänzlich neues Parteiprojekt, 
                das weit über die jetzt Beteiligten hinausgehen muss. Und 
                das größere Gewicht, die größere Erfahrung, 
                aber auch die größere Verantwortung trägt dabei 
                die PDS. 
                Ich freue mich auf dieses Projekt, wie ich mich über die 
                überaus großen Chancen bei der nächsten Bundestagswahl 
                freue. Wir sind auf dem besten Weg, unserer Politik, der Politik 
                des Demokratischen Sozialismus, zum Durchbruch zu verhelfen, den 
                niemand nach der verlore-nen Bundestagswahl vor drei Jahren für 
                möglich gehalten hat. 
                Mit eurer heutigen VertreterInnenversammlung stellt ihr dafür 
                ganz wichtige Weichen hier in Sachsen-Anhalt. Ihr habt gute Kandidatinnen 
                und Kandidaten, die erfahren genug sind, gerade die bevorstehenden 
                Herausforderungen zu meistern. 
                Und ich wünsche euch ein glückliches Händchen bei 
                euren Entscheidungen. Und hiermit ist die VertreterInnenversammlung 
                zur Aufstellung der Landesliste zum 16. Deutschen Bundes-tag eröffnet. 
              
              
              
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