PISA zeigt
- bundesdeutsches Bildungssystem ist Mittelmaß
Die neuerlich
veröffentlichte PISA-Studie bescheinigt dem bundesdeutschen
Bildungssystem einmal mehr Mittelmaß. Dazu erklärt
die bildungspolitische Sprecherin der PDS-Landtagsfraktion Dr.
Rosemarie Hein:
Dramatisch
an der bildungspolitischen Situation in Deutschland ist, dass
die für Bildungspolitik Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft sich in der Mehrzahl darauf beschränken,
die Defizite zu beklagen und zu erklären, anstatt zügig
an ihre Überwindungen zu gehen. So werden selbst kleine Fortschritte
als Bestätigung für die Reformen genommen. Das sind
sie aber nicht.
Zu den erschreckendsten Ergebnissen gehört nach wie vor,
dass die Abhängigkeit der Bildungsleistungen vom sozialen
Umfeld der Lernenden in keinem Land so groß ist, wie in
Deutschland. Sichtbar wird das in den Befunden, nach denen die
geringen Fortschritte vor allem in den Gymnasien und einigen Realschulen
und Gesamtschulen erreicht werden, während die Hauptschulen
überhaupt keine Fortschritte aufzuweisen haben. Das zeigt
einmal mehr, dass es erforderlich ist, die Sackgasse des Hauptschulbildungsganges
endlich zu verlassen und Wege der intensiveren Förderung
von Schülerinnen und Schülern in gemischten Lerngruppen
zu suchen.
Die PDS hat
für Sachsen-Anhalt ein Papier für einen solchen Umstieg
vorgelegt.
Sie hat festgestellt, dass Schülerinnen und Schüler
im Hauptschulbildungsgang, aber auch des Realschulbildungsganges
bis zur 9. Klasse in den für die Prüfungen am Gymnasium
relevanten Fächern bis zu 600 Stunden weniger Unterricht
erteilt bekommen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler
an Gymnasien, zudem ist der Unterricht in den Hauptschulklassen
nur auf den Hauptschulabschluss ausgerichtet.
Damit ist schon nach Gesetzes- und Verordndungslage festgeschrieben,
dass Schülerinnen und Schüler in den Sekundarschulen
weniger Bildung erhalten, als Schülerinnen und Schüler
an den Gymnasien. Dieser falschen Weichenstellung muss man begegnen,
sie soll aber leider mit dem derzeitigen Schulgesetzentwurf weiter
verfestigt werden. So werden soziale Disparitäten größer
nicht kleiner, ein beträchtlicher Teil der Jungen und Mädchen
wird um Berufs- und Lebenschancen geprellt.
Die PDS hat
Vorschläge und Forderungen auf den Tisch gelegt, die für
Sachsen-Anhalt einen Weg aus dieser Bildungskrise hin zu besseren
Schulleistungen und zu mehr sozialer Chancengleichheit beim Bildungserwerb
eröffnen.
Im einzelnen
sehen die PDS-Vorschläge vor, die Durchlässigkeit zwischen
den Bildungsgängen zu erleichtern und damit mehr Schülerinnen
und Schülern einen höheren Schulabschluss zu ermöglichen.
Der Unterricht soll in allen Schulformen darauf ausgerichtet werden,
wenigstens den mittleren Schulabschluss zu erreichen.
Dazu ist es notwendig, die zehnjährige Vollzeitschulpflicht
wieder einzuführen und in allen Klassen der Sekundarschule
den Schwerpunkt auf individuelle Förderung und zielgerichteten
Nachteilsausgleich zu legen. Der Übergang von der Sekundarschule
zum Gymnasium soll auch praktisch ohne Zeitverzug noch später
als nach der Klasse 6 möglich sein.
Die Entscheidung für die Sekundarschule soll keine Sackgasse
mehr sein, die Sekundarschule soll aber, entsprechend dem Sekundarschulkonzept
der PDS, als eine Schule mit besonderer Prägung ausgebaut
werden.
Das bedeutet
u.a.:
Es
ist notwendig, die Unterrichtsziele der Sekundarschule neu zu
formulieren und die Stundentafeln und Rahmenrichtlinien von Sekundarschule
und Gymnasium anzugleichen. Ziel des Unterrichts für alle
Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule ist das
Erreichen des Abschlusses der zehnten Klasse.
Neben größeren Freiräumen der Unterrichtsgestaltung
für die Schulen auf der Grundlage der für alle Schulformen
geltenden nationalen Bildungsstandards sollen Angebote
für zielgerichteten Nachteilsausgleich ebenso vorgehalten
werden wie für die Förderung besonderer Begabungen.
Neue Lehr- und Lernmethoden sollen erprobt werden.
Das Lehren in heterogenen Lerngruppen muss in allen Schulformen
besser verstanden werden. Dazu sind in der Lehreraus-, Fort- und
Weiterbildung zielgerichtete Angebote zu machen. Die Lehrerausbildung
soll hin zu einer Stufenlehrerausbildung reformiert werden.
Durch den Einsatz von SchulsozialarbeiterInnen und den
schrittweisen Einsatz von pädagogischen Fachkräften
für die Unterrichtsbegleitung und zusätzliche Angebote
sollen die Bildungschancen verbessert werden.
Das Zusammengehen unterschiedlicher Schulformen im Interesse
eines umfassenden Bildungsangebotes vor Ort und einer sinnvollen
Lenkung der Schülerströme soll für die Schulträger
erleichtert werden.
Diese Veränderungen, die die PDS vorschlägt, kommen
zunächst ohne Veränderungen der äußeren Schulstruktur
aus. Ziel bleibt aber, über einen Zeitraum von schätzungsweise
8 bis 10 Jahren eine Harmonisierung der Bildungsgänge zu
erreichen, die in einer Schule für alle Kinder zusammenfließen.
Diese und weitere Schritte zur Verbesserung des Schulsystems in
Sachsen-Anhalt hat die PDS in ihrem Programm Schritte des
Überganges zu einer Schule für alle Kinder
zusammengefasst.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich dieser Debatte endlich
ohne ideologische Vorbehalte zu stellen."
Magdeburg,
7. Dezember 2004
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