Studiengebühren
kosten Zukunft
Anlässlich
der Anhörung von Sachverständigen vor dem Bundesverfassungsgericht
zu Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern insbesondere
zum Studiengebührenverbot und zu verfassten Studierendenschaften
am 09.11.04 sprach sich Kultusminister Olbertz für die Einführung
von Studiengebühren aus.
Dazu erklärt
die wissenschaftspolitische Sprecherin der PDS-Landtagsfraktion
Dr. Petra Sitte:
"Jahrelang
haben Vertreter der CDU betont, dass sie Studiengebühren
für die Hochschulen im Osten als standortortschädigend
und als Wettbewerbsnachteil einschätzen.
Im Kontext von niedrigeren Durchschnittseinkommen, hoher Arbeitslosigkeit,
anhaltend hoher Abwanderung von Ost nach West würde die Einführung
von Studiengebühren zusätzlich abschreckend wirken.
Abgesehen davon, dass sich die Bedingungen im Osten kaum geändert
haben und unter diesem Blickwinkel die Einschätzung zutreffend
ist, ergibt sich aus dieser Logik zwingend, dass Studiengebühren
jedoch nie grundsätzlich ausgeschlossen wurden.
Bereits das geänderte Landeshochschulgesetz lässt Gebühren
zu nicht nur bei Überschreitung der Regelstudienzeit,
sondern auch für Weiterbildung und nicht konsekutive Masterstudiengänge.
Das Land Sachsen-Anhalt
hat sich an der Normenkontrollklage zum 6. HRGAendG beteiligt.
Dem Bund stünde keine Gesetzgebungskompetenz zur Studiengebührenfreiheit
und zu verfassten Studierendenschaften zu. Dass diese Beteiligung
nicht allein unter systematischem Blickwinkel erfolgte, macht
nun die jüngste Studiengebührenbefürwortung des
Ministers deutlich. Er will inhaltlich abweichende Regelungen
treffen.
Intelligente Art der Kostenbeteiligung von Studierenden
so der Minister sei eine Voraussetzung, die
hochgesteckten Qualitätsansprüche an eine Hochschulausbildung
halten zu können.
Abgesehen davon, dass diese Qualität von weit wichtigeren
Faktoren des Hochschulsystems abhängt, erklärte der
Minister selbst noch anlässlich der Debatte zum Hochschulstrukturgesetz
am 20.11.03, dass Studiengebühren bis zum ersten berufsqualifizierenden
Abschluss und konsekutive Studiengänge nicht vorgesehen
sind. Soviel zum Thema Verlässlichkeit dieses Ministers.
Die Situation
in den Ostländern insbesondere in Sachsen-Anhalt hat sich
seitdem kaum geändert. Im Gegenteil, die Nachfrage (insbesondere
aus den Westländern) nach Studienplätzen ist gewachsen
(auch hier eine Fehleinschätzung des Kultusministeriums!).
Wer in dieser Situation Studiengebühren einführt, gleich
in welcher konkreten Form, nimmt deren zusätzlich sozial
selektive Wirkung in Kauf.
Damit können - wie sich in vielen anderen Beispielländern
Europas und in den USA gezeigt hat weder Haushaltslöcher
der Länder- noch der Hochschulhaushalte nachhaltig gestopft
werden.
Bildungskosten
zu privatisieren wird offensichtlich durchgängiges Prinzip
von CDU- und FDP-Bildungspolitik. Die ganz verschiedenen Herkunfts-
und Ausgangsbedingungen von Kindern und Jugendlichen werden ausgeblendet.
Selbst BaföG hat die Ungerechtigkeiten nicht verringern können!
Wer vor diesem Hintergrund Studiengebühren einführt,
nimmt bewusst hin oder will, dass qualifizierte Bildungsabschlüsse
auch weiterhin für einen Großteil von Kindern und Jugendlichen
nicht mehr erreichbar sind, weil deren Finanzierung auf Grund
des sozialen und Bildungsstandards der Herkunftsfamilien nicht
zu schaffen ist.
Studiengebühren gehen auf Kosten von Zukunftschancen!
Daher lehnt die PDS die Position des Kultusministers ab."
Magdeburg, 9. November 2004
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